Mein Eindruck ist, dass viele Kolleginnen und Kollegen selbst sehr stark von ihrer Angst geleitet werden und gar nicht offen sind für einen Diskurs.
Mitarbeiterin / Mitarbeiter
Westdeutscher Rundfunk (WDR)
Lieber Ole Skambraks,
was für eine Freude, als ich deinen Offenen Brief (multipolar-magazin.de) gelesen habe! Ich teile deine Meinung und danke dir sehr für deine mutige Offenheit. Du tust damit viel für mich, und es fühlt sich an wie ein Wendepunkt.
Ich arbeite auch beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk (beim WDR) und habe mich in der letzten Zeit dort sehr einsam gefühlt. Besonders beschäftigt mich die Frage, weshalb die sogenannte „neutrale Berichterstattung“, die zu jeder journalistischen Ausbildung gehört, scheinbar an vielen Stellen nicht mehr vorhanden ist. Eigentlich sollte es zu jedem Aspekt eines (politischen) Beitrags doch auch eine Gegenmeinung geben. Dem ist nach meiner persönlichen Beobachtung nicht mehr so. Auch sehe ich den Journalismus nicht mehr in der Rolle des Kritikers der Politik. So sollte das doch eigentlich sein!?
Und warum gehen die Medien dem Ursprung des Virus so wenig nach? Bei jedem Verkehrsunfall wird bis ins Detail geprüft, wie es dazu kommen konnte. Und falls es Verletzte oder Tote gab, wird nachgesehen, ob beispielsweise eine Straße sicherer gemacht werden kann.
Ich bin nicht im tagesaktuellen Bereich tätig, und anfangs dachte ich noch, die Berichterstattung und meine Arbeit würden sich nicht berühren. Aber so ist es nicht. Mein Eindruck ist, dass viele Kolleginnen und Kollegen selbst sehr stark von ihrer Angst geleitet werden und gar nicht offen sind für einen Diskurs.
Bisher war ich ziemlich schweigsam. Aber auch „ich kann nicht mehr“. Dein Brief gibt mir den Mut, mich herauszuwagen, sodass wir nach und nach hoffentlich immer mehr werden.
Alles Gute und herzliche Grüße!