Der beste gebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Rundfunk kann leider nur so gut sein, wie die Menschen, die dort die Machtpositionen besetzen.

Mitarbeiterin / Mitarbeiter

ARD-Anstalt

Seit über 30 Jahren bin ich für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk tätig - mal angestellt, mal als freier Mitarbeiter. Einen Groß­teil dieser langen Zeit­spanne habe ich das mit Stolz und aus Über­zeugung getan und bei jeder Gelegenheit die Finanzierung durch den Rundfunk­beitrag verteidigt. Nur so erschien mir eine unabhängige, kritische Bericht­erstattung gesichert. Nur so ist ein kulturell breitbandig ausgerichtetes Programm mög­lich, welches seinem - im Staats­vertrag verankerten - Bildungsauftrag gerecht werden kann.

Doch mittlerweile sind mir die Argumente zugunsten der Gebühren­finanzierung ausgegangen. Zu stark hat sich in mir der Eindruck eingenistet, der öffentlich-rechtliche Rundfunk arbeite hart daran, sich selbst seiner Existenz­berechtigung zu berauben.

Das fängt an bei den durch­formatierten Radio-Wellen: Nach meinem Empfinden versucht der öffentlich-rechtliche Rundfunk seit Jahren mit zunehmend verzweifelter Verbissenheit die Privat­sender zu imitieren. Man möchte eine jüngere Hörerschaft gewinnen, vergrault damit aber meist nur die Stammhörer. Ich kenne unglaublich viele musikbegeisterte, stilistisch nicht festgelegte Menschen zwischen 40 und 70, die alle nicht mehr Radio hören. Warum? Weil sie den „Einheitsbrei“ nicht ertragen. Diese Hörer sind dem Radio verloren gegangen, aber keiner in den Führungs­etagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks scheint sich dafür zu interessieren. Vielleicht, weil immer mehr ARD-Programm­direktoren von den „Privaten“ rekrutiert wurden und werden?

Anspruchsvolle Sendungen, ja ganze Radiowellen werden von den linearen UKW-Radiofrequenzen „umquartiert“ ins Digitalradio-Netz. Wo aber deren Hörerschaft sich eben gerade NICHT tummelt. Die Stellen der wenigen verbliebenen Redakteure und Moderatoren, welche noch für Autoren-Sendungen jenseits des Musik-Mainstreams stehen (wie zum Beispiel Alte Musik, Neue Musik, Jazz, Fusion, Weltmusik), werden dann auch gern mal nicht nachbesetzt (oder inhaltlich umgedeutet), wenn Kollegen in Rente gehen, oder die Aufgaben werden alibimäßig an Freie vergeben. Als Beispiel sei hier nur der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) genannt, der die Stelle des Jazz-Redakteurs unlängst einsparte, nachdem der Letzte auf dem Posten sich in den Ruhestand verab­schiedet hatte.

Beim Fernsehen kamen mir die ersten Zweifel 2012, als der norwegische Attentäter Breivik bei seiner Verhandlung im Gerichtssaal gefilmt und auf allen Kanälen breit grinsend mit hoch gehaltener Victory-Hand gezeigt wurde. Auf allen Kanälen. Auch bei der „Tagesschau“ und bei „ZDF heute“. Damals stellte sich mir die Frage, warum wir gebühren­finanzierten Sender einem Irren die Weltbühne bieten, die er haben will? Damals hätte ich mir eine Haltung bei den Nachrichten­redakteuren gewünscht, welche ihm diese Bühne verwehrte...

Man soll immer vorsichtig sein, was man sich wünscht. Denn spätestens seit März 2020 und dem Beginn der ausgerufenen Pandemie schien es mir, als gäbe es nur noch, ausschließlich, Haltungsjournalismus beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Und nach meinem Empfinden war diese Haltung leider regierungstreu, einseitig, zeitweilig sogar hetzerisch und erschütternd gesellschafts­spaltend. Was Drosten, Wieler, Lauterbach und Co. verkündeten, wurde nicht infrage gestellt. An ARD und ZDF gerichtete Petitionen zugunsten einer zwei­stündigen Live-Diskussions­runde zur Prime Time um 20 Uhr, in denen zum Beispiel Drosten und Wieler mit corona­maßnahmen- und impf­kritischen (und seit Beginn der Impf­kampagne vor Impf­schäden warnenden) Ärzten wie Wodarg und Bhakdi kontrovers diskutieren könnten, wurden ignoriert. Immer wieder hörte ich von Programm-Machern, man wolle die Zuschauer und Hörer ja nicht durch kritische Beiträge/Interviewpartner/Wissenschaftler/Ärzte VERUNSICHERN. Schließlich wolle man der Impf­kampagne doch nicht im Wege stehen... Die Beitrags­zahler sollen also nicht verunsichert werden? Wieso eigentlich nicht? Halten wir sie etwa für zu dumm, sich eine eigene Meinung zu bilden? Oder ist es nicht erwünscht, dass sie es tun?

Als am 07. April 2022 der Deutsche Bundestag mit deutlicher Mehrheit gegen eine Impf­pflicht stimmte, machte sich in einigen Redaktionen doch tatsächlich Enttäuschung breit. Gebühren­finanzierte Medien­schaffende zeigten sich enttäuscht, dass eine Mehrheit unserer gewählten Volks­vertreter sich offenbar unserem Grundgesetz (vor allem Artikel 2, Absatz 2) verpflichtet fühlten...

Dass ich mich am Arbeitsplatz nicht traute, meiner Freude über dieses Abstimmungs­ergebnis lauthals Ausdruck zu verleihen, und selbst in diesem Moment im Kreise meiner Kollegen lieber den Mund hielt, spricht wohl für sich.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk gibt sich generell als großer Verfechter von Gleich­stellung, paritätischer Stellen­besetzung, gender-neutraler Bericht­erstattung. Diskriminierung? Bewahre!

Das hat einige ARD-Sender jedoch nicht davon abgehalten, eine Gruppe für sie tätiger Menschen aufs Übelste auszugrenzen: die „Nicht-Geimpften“. Als Spitze des Grauens seien hier nur der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) und der Bayrische Rundfunk (BR) genannt, die in ihren Häusern im Winter 2021/22 „2G“ am Arbeitsplatz verhängten und den un­geimpften Mitarbeitern monatelang den Zutritt zum Funkhaus verboten (und manchem freien Mitarbeiter somit die Einkommens­möglichkeit nahmen). Wohl­gemerkt nachdem bereits im August 2021 auf „tagesschau.de“ über Studien aus den USA berichtet wurde, welche belegten, dass auch Geimpfte sich weiterhin mit Corona infizieren und andere anstecken können. Leider blieb diese Meldung nur eine kleine, offen­sichtlich weitgehend unbeachtete Randnotiz...

Wer zum Glück langsam Beachtung und (zumindest sparsame) Sendezeit bekommt, sind Menschen, die durch die Covid-Impfungen gesundheitlich geschädigt sind. Doch leider fallen deren Schicksale in der allgemeinen Wahr­nehmung nun der medialen Kriegs­bericht­erstattung zum Ukraine-Konflikt zum Opfer.

Auch im Falle der Ukraine empfinde ich die Bericht­erstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als schwarz-weiß. Die Mechanismen der Corona-Krise scheinen sich zu wiederholen:

Hier die Guten (die Maßnahmen-Befolger, geimpft, geboostert), dort die Bösen (Maßnahmen-Kritiker, nicht geimpft, oder geimpft und dadurch gesund­heitlich geschädigt und darüber sprechend).

Oder, im Falle des Ukraine-Krieges: hier die guten, waffenliefernden, angeblich demokratie-verteidigenden Westmächte, dort die bösen russischen Angreifer.

Ich maße mir im Falle des Ukraine­konflikts kein Urteil an. Zu un­durch­sichtig er­scheinen mir die Fäden, die dort gezogen werden - zum un­er­mess­lichen Leid der ukrainischen Bevölkerung.

Doch durch die zwei Jahre des von mir als mono­thematisch wahrgenommenen öffentlich-rechtlichen Haltungs­journalismus in Sachen Corona-Krise habe ich den Glauben an eine neutrale Bericht­erstattung verloren. Nachhaltig.

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